Lebensqualität in der Stadt: öffentliche Plätze und Freiräume

Für Bündnis 90 /Die Grünen gilt: Öffentliches Grün, frei zugängliche Plätze, Parks und Spielplätze sind zentraler Bestandteil der Daseinsvorsorge und gehören ebenso zur funktionierenden Stadt wie die Müllabfuhr und der Nahverkehr. Der Berliner Haushaltsnotstand ist jedoch allerorten im öffentlichen Raum ablesbar: Sei es an den in den Baumscheiben fehlenden Straßenbäumen, an nur unzulänglich ausgestatteten Ballspielflächen, an ungepflegten Straßenzügen oder an historischen Parks ohne Entwicklungspflege -  die Geldnot hinterlässt auch in Charlottenburg-Wilmersdorf inzwischen stellenweise nackte Erde und Unrat.

Freiraum kostet Geld

Damit wir uns Wohlfühlen brauchen die Plätze Ordnung, die Parks Pflege und die alternden Straßenbäume Nachwuchs. Kinder brauchen Bewegungsflächen, damit sie sich draußen austoben können anstatt vor dem Fernseher oder Computer zu hocken. Allerdings ist die gesetzliche Vorgabe, wonach pro Einwohner ein Quadratmeter Spielplatzfläche zur Verfügung stehen soll, ist für unseren Innenstadtbezirk praktisch unerreichbar.

Umso wichtiger ist es, die Spiel- und Bolzplätze gerade für die über 12-Jährigen wohnortnah zu erhalten und gegenüber gerichtlich klagenden MitbürgerInnen zu verteidigen. Notfalls auch mit öffentlichem Druck und „runden Tischen“. Es darf nicht sein, dass z.B. in der Mommsenstraße ein Basketballplatz wegen Lärmbelästigung weg geklagt wird oder aber ein voll funktionsfähiger Bolzplatz im Volkspark über Monate nicht verfügbar ist, weil der Bodenbelag Blasen wirft und nicht repariert werden kann. Auch sind rigide Schließzeiten mittels eines privaten Sicherheitsdienstes keine Lösung, um Anwohnenden in den Abendstunden Ruhe zu garantieren. Der Bezirk soll lieber Mittel in Mediations- und Befriedungsverfahren stecken, als vor klagefreudigen Rechthabern zu kapitulieren!

Eine Stadt für Alle!

Die europäische Stadt ist die Stadt der Durchmischung verschiedener sozialer Schichten und Nutzungen auf engstem Raum. Davon leben das Flair und die Attraktivität Berlins. Umgrenzte Siedlungsflächen mit einheitlicher Bevölkerungsstruktur nach dem Vorbild der US-amerikanischen „Housings“ gibt es hier zum Glück nicht. Solche „Housings“, also hoch eingezäunte, sicherheitsüberwachte Wohnparks mit Zugangskontrolle und privaten Gemeinschaftsanlagen, wie z.B. Schwimmbädern ohne Zutrittsrecht für „Nicht-Bewohner“, sind Ausdruck großer Einkommensunterschiede und gesellschaftlicher Entmischung. Das heißt aber auch, dass europäischen Stadtbewohnern ein Höchstmaß an Toleranz gegenüber den Nutzungsvorlieben der Anderen abverlangt wird, um sich hier ungestört heimisch zu fühlen. Im Gegenzug muss die Zivilgesellschaft aber gemeinsam auf die Einhaltung von vereinbarten Regeln achten, sonst funktionieren Sozialleben und Mobilität in der Stadt nicht.

Jetzt im Winter sind unsere stadtbildprägenden Plätze und Parks eher Schneesammelplätze und Verkehrsknotenpunkte an denen wir vorbei eilen, als Aufenthaltsflächen. Die Weihnachtsbuden und Christbäume sind abgeräumt, die vereisten Wege hoffentlich frei geschaufelt. Wer den öffentlichen Raum exklusiv privat oder geschäftlich nutzt, muss das bezahlen, vom Baustelleneinrichter bis zum Schausteller. Das ist folgerichtig, kostet doch nicht nur die Herstellung, sondern auch die Unterhaltung der öffentlichen Flächen eine Menge Geld und Einsatz. Jenseits von Instandhaltung und Grünpflege verlangt nicht nur der historische Schmuckplatz, sondern auch die Grünfläche mit Brunnen im Verkehrskreisel einiges an Straßenkehrgebühr und Müllbeseitigungskosten.

Begegnungsraum ohne soziale Privilegierung

Dafür sind öffentliche Freiflächen auch kostenfrei und ohne Konsumzwang von Jedermann und zu jeder Zeit zu nutzen. Aufenthaltseinschränkungen oder Verzehrzwang, wie im privaten Raum zwischen den Shops in einer Mall, gibt es nicht. Die Grünen möchten, dass das so bleibt und erteilen Finanzierungsideen, zur Unterhaltung von Plätzen und Parks, die auf Verpachtung und Nutzung durch Private abzielen, eine klare Absage. Dazu zählen solche Ideen, wie die langjährige Verpachtung von Plätzen als Refinanzierung von Investitionen zu nutzen ebenso, wie die Erlaubnis raumgreifender Privatnutzungen in stark frequentierten Parks. Eine privat betriebene Tiefgarage darf also beispielsweise nicht auf Kosten der Nutzbarkeit des Hardenbergplatzes entstehen. Zugangsbeschränkungen im Lietzenseepark für eine Konzertreihe mit Verkaufsständen erlauben wir nicht. Für die Unterhaltungspflege setzen wir dafür lieber auf unterstützendes bürgerschaftliches Engagement. Denn wer tatkräftig anpackt, schätzt die Freifläche umso mehr.